Grenzen

... werden erkennbar und das nicht nur, wenn unsere Reisefreiheit eingeschränkt wird oder Landkreise aufgrund von Fallzahlen dichtmachen (müssen). Grenzüberschreitungen werden sichtbar, wenn Mitgliedsunternehmen die Luft ausgeht. Das Hotel- und Gaststättengewerbe sehnt sich das Ende einer nicht gekannten Durststrecke herbei – Kunst- und Kulturschaffenden sowie dem Veranstaltungsgewerbe ergeht es kaum anders. Auch das Warten auf die versprochenen Unterstützungsleistungen sollte endlich zu einem positiven Ende kommen. Nicht nur ausbleibendes Geld schafft Verdruss, sondern auch der kaum noch zu durchschauende Dschungel von Erlassen und Vorschriften. Selbst in Steuerberaterbüros ist guter Rat teuer. Grenzwertig ist auch der Fall des Apothekers, der mit Hilfe seines Gartenpavillons eine Teststation vor der Apotheke errichtet – allerdings nur mit kurzzeitigem Erfolg: aufgrund fehlender TÜV-Zertifizierung muss er das Zelt umgehend wieder entfernen. Während Betriebe und Unternehmen mit aufwendigen Hygienekonzepten um das Überleben kämpfen, erweisen sich zahlreiche Verwaltungen und Ämter als Musterschüler bei der Umsetzung von mehr „home-office“. Grenzen der Akzeptanz sind dann überschritten, wenn Sprechzeiten ausfallen und die Möglichkeit persönlicher Rücksprache entfällt. Im selben Fahrwasser bewegen sich Kirchenverantwortliche, wenn Gottesdienste ins Netz verlagert werden und Seelsorge nur noch bedingt stattfindet.

Grenzwertig ist ohne Zweifel die Belastung derjenigen, die in politischer Funktion oder anderswo Verantwortung für das Allgemeinwohl tragen. Sie halten „den Laden am Laufen“. Kaum jemand möchte mit ihnen tauschen. Was schwer zu entschuldigen ist, betrifft die oftmals vorherrschende Ideen- und Perspektivlosigkeit: seit mehr als einem Jahr wird mit nahezu unveränderten Methoden versucht, einem bis dahin nahezu unbekannten Problem beizukommen. Und wir treten auf der Stelle und kommen nicht voran. Selbst Spitzenleistungen medizinischer Forschung in Form der kurzfristigen Bereitstellung von Impfseren verpuffen, weil organisatorische Mängel die Anzahl möglicher Impfungen begrenzen.

Wie lange soll das noch so gehen, fragt man (frau) sich? Fließen Erfahrungen im Umgang mit Covid 19 eigentlich in die Erarbeitung alternativer Strategien ein? Warum werden beispielsweise Testkapazitäten nicht so ausgebaut, dass Infizierte „herausgefiltert“ werden - selbst dann, wenn sie selbst symptomfrei sind? Fachleute rieten schon Ende letzten Jahres zu derartigen Verfahren – allein: sie blieben ungehört.

Werden Kontaktauflagen bei großangelegten Familienfesten oder in der Partyszene überschritten, müssen Folgen spürbar werden – und zwar konsequent und ohne Ansehen der Person!

Und schließlich sind wir selbst gefragt – Bürger und Bürgerinnen dieses Landes. Anfangs wurde uns suggeriert, dass „der Staat“ auch in diesem besonderen Ausnahmefall Sicherheit als Rundherum-sorglos-Paket anbietet. Eindrucksvoll konnten wir erleben, dass dieses Versprechen Grenzen hat. – Wir sind gefragt – Sie und ich, Du und wir alle. Eigenverantwortung lautet ein Gebot der Stunde – wir sind es denen schuldig, die sich auf den Intensivstationen tagtäglich für das (Über-)Leben der Patienten aufopfern. Aber auch mit Blick in die Zukunft muss der Vergabe von Überbrückungshilfen und Krediten aus der (leeren) Staatskasse Grenzen gesetzt werden. Das schulden wir denen, die nach uns kommen.

In diesem Sinn mein Herzenswunsch: Bleiben Sie gesund!

Hannes Wendroth

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